Das IZB-Unternehmen Atriva Therapeutics arbeitet daran, die globale Bedrohung durch von RNA-Viren verursachte Epidemien und Pandemien zu minimieren. Der Lead-Kandidat Zapnometinib hat bereits relevante Phase 2-Daten generiert und soll als nächstes in einer Proof-of-Concept-Studie bei Patienten mit schwerer hospitalisierter Influenza getestet werden.
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Ein Gespräch mit dem CEO Christian Pangratz über ein
potenzielles Breitband-Virostatikum, das laufende Fundraising und die
Gefahren der nächsten Grippewelle.
Herr Pangratz, Sie sind seit über 25 Jahren in der Biotech-
und Pharmaindustrie tätig, seit Anfang 2023 als CEO von Atriva. Was ist
für Sie das Besondere an diesem Unternehmen?
Das Besondere an Atriva ist die Einzigartigkeit der
Technologie, die dieses Unternehmen entwickelt hat, in Kombination mit
den Experten auf Personal- und auf Führungsebene, die ich von meinem
Vorgänger mit übernehmen durfte. Einen besonderen Stellenwert nehmen
auch die wissenschaftlichen Gründer ein, die das Unternehmen weiterhin
mit ihrem Know-how unterstützen und sowohl für die interne Entwicklung
als auch für Partner- und Finanzierungsgespräche äußerst wertvoll für
Atriva sind.
Atriva entwickelt Therapien für schwere virale
Infektionskrankheiten der Atemwege, beispielsweise Influenza oder
Covid-19. Wie funktioniert Ihr Ansatz?
Wir zielen auf einen Signalweg in der Wirtszelle ab, der für
zwei Dinge gleichzeitig verantwortlich ist. Erstens unterbindet er die
Möglichkeit des replizierten Virusmaterials, aus der Wirtszelle wieder
austreten und die Infektion weitertragen zu können. Gleichzeitig ist
dieser Signalweg aber auch dafür zuständig, die Immunreaktion, die bei
einer schweren viralen Infektion dazu neigt, massiv zu überschießen,
wieder so runterzuregulieren, dass sie auf einem vernünftigen Niveau
ist. Durch diese Kombination von indirekter antiviraler Wirkung und
Immunmodulation erzielen wir ein optimales therapeutisches Ergebnis,
insbesondere bei schwer erkrankten Patienten. Diese Patienten leiden
nicht mehr unter einer hohen Viruslast, da diese im Krankheitsverlauf
wieder nach unten geht, aber sie leiden an schweren Symptomen aufgrund
der überschießenden Immunreaktion. Daher ist es wichtig, beide Seiten
gut bedienen zu können: Die antivirale Seite und die immunmodulatorische
Seite durch das Einfangen von überschießenden Immunreaktionen.
Was unterscheidet diesen Ansatz von anderen antiviralen Therapien?
Der große Unterschied ist, dass die meisten bisher verfügbaren
Therapeutika auf das Virus direkt abzielen, also direkt wirksame
Virostatika sind. Diese haben den potenziellen Nachteil, dass virale
Resistenzen entstehen können, weil das Medikament mit einem mutierten
Virus aufgrund seiner geänderten Struktur nicht mehr zurechtkommt. Wir
hingegen sind die ersten, die ein Projekt in der fortgeschrittenen
klinischen Entwicklung haben, das sich eines sogenannten
Wirtszell-Mechanismus bedient und damit von Virusmutationen völlig
unabhängig ist. Wir regulieren einen Signalweg herunter, den RNA-Viren
grundsätzlich brauchen, um sich in der Wirtszelle zu replizieren. Daher
können wir eine ganze Bandbreite von RNA-Viren behandeln, weil sie alle
denselben Replikations- und immunmodulatorischen Signalweg brauchen. Ich
würde es eine Art Penicillin der Virostatika nennen, nur eben ohne die
potenzielle Resistenzentwicklung. Die Novität ist also die
uneingeschränkt breite Einsetzbarkeit bei RNA-Virusinfektionen. Diese
„Pipeline in a molecule“, über die Atriva hier verfügt, ist einzigartig.
Atrivas Lead-Programm Zapnometinib wurde klinisch in einer Phase 2a-Studie bei schwer erkrankten COVID-19-Patienten getestet. Was können Sie zu den Daten aus dieser Studie sagen?
Die Daten dieser Proof-of-Concept-Studie sind sehr
vielversprechend, auch wenn wir die Studie aufgrund des Pandemieverlaufs
nicht zu Ende führen konnten. Das hängt damit zusammen, dass wir mit
unserer Therapie jene Patienten behandeln möchten, für die es keine oder
nur sehr limitiert wirksame therapeutische Maßnahmen gibt – also die
moderat bis schwer erkrankten Patienten, die im Krankenhaus sind. In
unserer Studie bei Patienten, die mit einer Covid-19 Infektionen
hospitalisiert wurden, konnten wir eine gute therapeutische Wirkung
sehen bei ebenfalls guter Sicherheit und Verträglichkeit. Das führte
auch zu einer verkürzten Verweildauer im Krankenhaus, was für die Kosten
im Gesundheitssystem äußerst relevant ist. Sprich: die Patienten hatten
nicht nur einen therapeutisch starken Effekt, sondern konnten auf Basis
dieser guten Wirksamkeit auch das Krankenhaus früher verlassen. Das ist
im Prinzip eine Traumkombination.
Aufgrund des Verlaufs der Pandemie konnten wir die Studie nicht komplett ausrekrutieren, sondern mussten nach der Hälfte aufhören. Mit den eingeschlossenen 100 von 220 geplanten Patienten, von denen etwa die Hälfte auf Placebo und die Hälfte auf Verum waren, haben wir aber eine sehr substanzielle Datenbasis, von der wir extrapolieren können und genau sehen, dass die Therapie funktioniert und sicher ist. Wir haben also, wie es so schön im Fachjargon heißt, medizinisch hoch relevante Daten erhoben, die aber nicht statistisch signifikant sind.