biotechnologie.de-Archiv 17. Oktober 2005

Auf Expansionskurs in Europa

Die GATC Biotech AG in Konstanz hat Anfang Oktober eine Niederlassung in Südfrankreich gegründet. Mit dem neuen Standort in Marseille will sich das auf wissenschaftliche Dienstleistungen spezialisierte Unternehmen im französischen Markt etablieren. Gleichzeitig wurde die seit Anfang 2004 in Cambridge bestehende Niederlassung durch zwei Mitarbeiter verstärkt, um der wachsenden Nachfrage in Großbritannien Rechnung zu tragen.GATC Biotech ist seit 15 Jahren auf dem Markt und hat sich als europäischer Dienstleister auf molekularbiologische Projekte und Bioinformatik-Software spezialisiert. Anfang des Jahres hat das Unternehmen ein großangelegtes Projekt mit 18 universitären Forschergruppen und drei Firmen aus neun europäischen Ländern gestartet. Dieses von der Europäischen Union bis 2008 mit 13 Millionen Euro geförderte Vorhaben soll die Sicherheit und Effizienz einer Gentherapie bewerten, die beispielsweise zur Bekämpfung von Immunschwächen, Anämien oder Speicherkrankheiten eingesetzt werden könnte. Solche Erbkrankheiten werden durch den Defekt eines einzelnen Gens verursacht. Theoretisch wäre deshalb die retrovirale Transgenese ein geeignetes gentherapeutisches Verfahren. Dabei wird versucht, mithilfe von sogenannten Retroviren das Genmaterial in Zellen zu verändern.Retroviren besitzen das Enzym Reverse Transkriptase, das solch ein gentherapeutisches Verfahren ermöglicht. Anders als andere Virentypen sind Retroviren dadurch in der Lage, ihr RNA-codiertes Erbgut in eine doppelsträngige DNA umzuwandeln und anschließend in das Zellgenom zu integrieren. Dieses so genannte Provirus verhält sich wie ein normales zelluläres Gen und wird bei der Vermehrung an die Tochterzellen weitergegeben.Diesen Mechanismus wollen Molekularbiologen nun als Taxi benutzen: Verändertes Genmaterial könnte mithilfe der Retroviren gezielt in die Zellen geschleust werden und dort defekte Gene ersetzen. Ob diese retrovirale Transgenese aber tatsächlich so funktioniert, müssen die Forscher noch überprüfen. Denkbar wäre schließlich auch, dass der Körper auf die Viren mit einer Immunantwort reagiert oder andere Mechanismen verändert. Dies könnte die gewünschte heilende Wirkung stark beeinträchtigen.GATC wird in diesem Zusammenhang Modell-Studien für diese Gentherapien molekularbiologisch überwachen und bioinformatisch auswerten. Zusammen mit Forschern der Freiburger Universitätsklinik wollen sie sich der Frage widmen, wie eine Therapie gewährleistet werden kann, ohne dass sich etwa die Aktivität von Onkogenen ändert. Diese Gene sind in jeder Zelle vorhanden und spielen beim Wachstum und der Vermehrung eine Rolle. Sie fördern den Übergang von normalem Wachstumsverhalten der Zelle zu ungebremstem Tumorwachstum. Um dieses Problem näher zu erforschen, hat GATC ein spezielles Datenbanksystem entwickelt. Es erlaubt den Wissenschaftlern, komplexe Daten zu verwalten und zu analysieren.