Epigenetischer Radiergummi senkt Gewicht und Diabetesrisiko
Wissenschaftler der Universität Freiburg haben entdeckt, dass das enzymatische An- und Abschalten von Genen in weißen, beigen und braunen Fettzellen darüber entscheidet, ob Fett auf- oder abgebaut wird und Mäuse vor Übergewicht und Glukose-Intoleranz – einem Vorboten von Typ II-Diabetes – geschützt sind. In Cell Reports (doi: 10.1016/j.celrep.2016.09.053) berichtet das Team um Roland Schüle und Delphine Duteil, dass die Lysin-spezifische Demethylase 1 (Lsd1) des Histonproteins H3 – entscheidend zum energieverbrauchenden Verhalten brauner Adipozyten beiträgt.
Schalteten sie die Enzymaktivität gezielt im Tiermodell aus, verblassten die braunen Fettzellen, vergrößerten ihr Volumen und stellten ihren Energiestoffwechsel von mitochondrialer Fett- auf zytoplasmatische Zuckerverbrennung um. Entsprechend legten die Tiere gewaltig an Gewicht zu, wenn der epigenetische Radiergummi inaktiv blieb. Zudem verloren sie zunehmend die Fähigkeit, ihren Blutzuckerspiegel nach Glukoseaufnahme angemessen zu regulieren.
„Die durch Lsd1-Ablation induzierten Änderungen haben Folgewirkungen auf die Gewichtszunahme und die im Alter zunehmende Glukoseintoleranz“, fasst Schüle zusammen. Wie Duteil et al. zeigen konnten, vermittelt das in diversen klinischen Studien bereits als Krebstarget angesteuerte Lsd1 zwei verschiedene Funktionen zugleich, abhängig davon, in welcher Art Proteinkomplex das Enzym gebunden wird. Einerseits hemmt es die Expression von Genen des Kohlenhydratenergiestoffwechsels, die in weißen Adipozyten aktiv sind. Zugleich fördert es das Ablesen von Genen, die für die oxidative Phosphorylierung in braunen Adipozyten charakteristisch sind. Ein Tiermodell für Obesitas und Typ II-Diabetes, das weniger Lsd1 bildet, haben die findigen Forscher bereits patentiert. Ultimatives Ziel bleibt indes eine Pille gegen Zucker und Übergewicht.