1.000 Gäste strömen zur Bionnale

Das vom Cluster Gesundheitswirtschaft Berlin-Brandenburg – HealthCapital jährlich organisierte Event versammelte auch in diesem Jahr zahlreiche Experten aus Biotechnologie, Pharma, Medizintechnik und Bioökonomie in fünf Sessions. Mehr als 50 Sprecher diskutierten unterschiedlichste Trends und Entwicklungen. Es ging unter anderem um den Stellenwert digitaler Technologien bei der Therapieentwicklung, über IT-Sicherheit im Gesundheitswesen sowie die Herausforderungen, mit denen Medizintechnik-Firmen angesichts der neuen EU-Medizinprodukteverordnung umgehen müssen. Dass die einzelnen Branchen  – Biotech, Pharma, Medizintechnik und IT – mehr denn je zusammenrücken, betonte Jochen Maas, Geschäftsführer Forschung und Entwicklung der Sanofi-Aventis Deutschland GmbH: „Heutzutage wird es darauf ankommen, die vier Ds – Daten, Diagnostik, Drugs und Devices – möglichst intelligent zu kombinieren.“



Philip Böhme, Biomarker-Projektleiter beim Pharmakonzern Bayer, machte deutlich, wie die Digitalisierung die Medikamentenentwicklung schon heute verändert. „Das Smartphone ist der neue Entwicklungspartner im Gesundheitswesen“, sagte Böhme. Einer der wichtigsten Vorzüge von digitalen Helfern: „Wir können die Wirkung von Therapien mit digitalen Endpunkten untermauern und das individualisiert und in Echtzeit“, so Böhme in Berlin.




Christoph Feest vom Berlin-Brandenburg Center for Regenerative Therapies (BCRT) stellte einige erfolgreiche Entwicklungen des Translationszentrums in der Hauptstadtregion vor. Eine davon ist das Spin-off Cellserve, das Herzzellen für regenerative Therapien gewinnt. Darüber hinaus gebe es derzeit zwei Zulassungsstudien zu stammzellähnlichen Zellen aus der Plazenta. Mit dem BECAT und dem Si-M sei es gelungen, zwei zukunftsweisende Forschungszentren zum Thema Regenerative Medizin mit einem Budget von jeweils 30 Mio. Euro nach Berlin zu holen. 



Peter Nell ist bei dem Genom-Editing-Unternehmen Casebia Therapeutics für die Geschäftsentwicklung zuständig und war extra aus Kalifornien zur Bionnale gekommen. Casebia ist ein Joint Venture von Bayer und CRISPR Therapeutics mit mittlerweile 70 Mitarbeitern. „Durch das Joint Venture können wir unsere Aktivitäten langfristig finanzieren und vom internen Geschäft bei Bayer unabhängiger machen“, sagte Nell. Forschungsaktivitäten zielen derzeit darauf ab, die Nukleasefunktion zu optimieren. Daran würden im Casebia-Auftrag derzeit 11 Wissenschaftler bei Bayer in Deutschland arbeiten.  „Hier haben wir bereits äußerst vielversprechende Fortschritte erzielt“, so Nell und kündigte eine baldige Veröffentlichung an. Weitere Arbeiten würden sich zudem damit beschäftigen, die CRISPR-Technologie noch vielseitiger und sicherer zu machen, vor allem mit Blick auf die Drug Delivery. Hier besteht unter anderem eine Kooperation mit der Tübinger CureVac. Das langfristige Ziel ist ehrgeizig: Im Zeitraum 2019 bis 2021 sollen drei bis fünf Kandidaten präklinisch entwickelt sein, neben der Hämatologie und der Augenheilkunde sind auch Herzerkrankungen als mögliche Behandlungsfelder ins Visier gerückt.



Um nachhaltige Ansätze als Alternative zu erdölbasierten Verfahren in Chemie, Ernährung und Textilbranche ging es in der Bioökonomie-Session. Gunnar Mühlstädt, CEO bei der MINT Engineering GmbH, hielt ein flammendes Plädoyer auf Algen als nachhaltige Ressource für verschiedenste industrielle Anwendungen. Aktuell plant die am EUREF-Campus angesiedelt Firma unter anderem eine kleine Produktionseinheit für den Restaurantbetrieb, mit der Algen-Smoothies nicht nur vor Ort hergestellt, sondern auch direkt konsumiert werden können. Darüber hinaus berichtete der Algen-Experte vom Open Algae Innovation Lab, das in Essen entstehen soll. „Das Konzept steht, nun müssen wir Investoren überzeugen“, sagte Mühlstädt. Dass Algen auch in der Textilbranche eine vielversprechende Alternative sein können, präsentierte Renana Krebs vom Start-up Algalife. Gemeinsam mit ihrem Vater, der als Biologie-Professor in Israel arbeitet, will die Modedesignerin algenbasierte Garne und Textilfarben herstellen, die keine Chemikalien mehr benötigen und einen geringeren Wasserverbrauch als bisherige Textilien vorweisen können. „Im Moment befinden wir uns am Übergang vom Labor- in den Pilotmaßstab.“ Die Idee ist, dezentral bei den jeweiligen Textilfirmen zu produzieren. „Wir konnten schon zeigen, dass unsere Garne mit den gleichen Maschinen verarbeitet werden können.“



Am Abend fand wie in den vergangenen Jahren auch der Speed Lecture Award der Bionnale statt: Sechs junge Forscher präsentierten ihre Projekte in drei Minuten. Alexandra Damerau von der Charité- Universitätsmedizin setzte sich schließlich mit ihrer Idee des Rheuma-Patienten in der Petrischale als Gewinnerin beim Publikum durch. 



Die Organisatoren zeigten sich sehr zufrieden mit der Veranstaltung. „Die wachsende Zahl der Teilnehmer belegt, dass sich immer Unternehmen für die deutsche Hauptstadtregion interessieren“, so Kai Uwe Bindseil, Manager des Clusters Gesundheitswirtschaft Berlin-Brandenburg – HealthCapital bei Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie. 

Unternehmen
HEALTHCAPITAL – Die Hauptstadtregion ist mit über 350 Unternehmen der Medizintechnik und Digital Health, rund 280 Biotechnologiefirme... [mehr]